DÉTOURS social sculpture
Komplexe Charaktere äussern sich in den Objekten, die aus Elisabeth Eberles Studien der Magnolienfrüchte entstanden sind. Sie haben Eigenleben, Persönlichkeit, Willen. Obwohl angehalten in einem Moment, zeigt sich Bewegung in ihrem sinnlichen Ausdruck. Sie haben so etwas wie menschliche Form angenommen. Differenziert und singulär, erscheinen subjektive Geschichten als Summen der Erfahrungen, die zu dem geführt haben, was sie nun je sind. Und jenseits all der kristallisierten Kämpfe, Freuden und Leiden zeigt sich ein Kern, wohl ge- und verformt durch diese Auseinandersetzungen, doch sichtlich da: ein Wesen. Es ist eine menschliche Form vor jeder Sprache – ein rein sinnliches Ringen, eine Ursprünglichkeit, die dunkle Erinnerungen und Ahnungen wachruft, die lockt, der Bewegung in ihrer eigenen sinnlichen Logik, auf ihrem eigenen Terrain zu folgen.
Erstaunlich jedoch die Fremdheit. Die Objekte haben Ausdruck; deshalb glaubt man, sie verstehen und ihnen näher kommen zu können. Doch jeder Versuch scheitert. Etwas an ihnen ist zu fremd und wehrt sich dagegen, einverleibt zu werden. Sie bleiben Gegenüber. Die Mimesis versagt. Immer wieder von Neuem Annäherung und Zurückweisung. Und gerade diese Distanz spiegelt diejenige Distanz, die uns selbst als Subjekte durchzieht. Diese bewegte Sinnlichkeit, diese ursprüngliche Kraft, dieses präverbale Sein in Auseinandersetzung mit der Welt, erinnert an unsere eigene Substanz, die uns bildet und gebildet hat, vor deren rohen Freiheit wir jedoch durch einen Abgrund getrennt und geschützt sind. Die Objekte präsentieren die Utopie einer Identität mit sich selbst, nicht als Begriff oder Vorstellung, sondern als bewegte und freie Kraft.
Marco Meuli, 2019
- Kurator:in:
- Marco Meuli
- Kristina Grigorjeva
- Institution:
- Jecklinhaus